D i e  K r o n e  d e s  R e i c h e s

 

 

 

W a n d e r u n g :

 

Das mittelalterliche Reich der Deutschen hatte keinen Ort, an dem es sichtbar werden konnte, keine Hauptstadt, keine Reichsburg. Da es ein Wahlkönigtum war, gab es auch kein durchgehendes Herrschergeschlecht, welches das Reich repräsentierte. Zentrum des Reiches, der Gegenstand, in dem es Sichtbarkeit erlangte, war die Reichskrone. So nannte man die Krone auch "daz riche" und verehrte sie wie eine Reliquie, wie ein heilbringendes, wie ein heiliges Ding.

 

In Aachen und vielfach auch in Rom wurden die deutschen Könige und Kaiser mit der Krone in ihr Amt erhoben. Anschließend mußten sie sich  durch den Besitz der Krone und der dazu gehörenden Reichskleinodien ausweisen können.

 

Die Reichskleinodien, der im Laufe der Zeit anwachsende Reichsschatz oder Reichshort, bestanden aus den Reichsinsignien,  Krone, Zepter, Reichsapfel und Reichsschwert, dem später aus Sizilien hinzugekommenen kaiserlichen Ornat und aus den Reichsreliquien wie z.B.  die heilige Lanze und  das Reichskreuz.

 

Zunächst führten die mittelalterlichen Könige und Kaiser die Reichskleinodien mit sich bei ihren Wanderungen  durch das Reich, und wenn die Zeit gekommen war, mußten jene dann an den jeweiligen Nachfolger weitergegeben werden.

 

Durch das Wahlkönigtum bedingt, war diese Übergabe  oft mit Umwegen verbunden. Zweimal erfolgte sie mit Gewalt. Einmal wurden die Kleinodien einem Toten entwendet: Um sich mit dem Reichsschatz das Königsamt zu sichern, überfiel der spätere Heinrich II. den aus Rom heimkehrenden Leichenzug Ottos III.. Ein zweites Mal war der Beraubte ein alter, wehrloser  Mann: Mit List wurden dem vielgeprüften Heinrich IV. die Zeichen königlicher Würde von seinem eigenen Sohn, dem späteren Heinrich V., entrissen.  Nie aber geschah es, daß die Krone und der Schatz allein aus niedriger Beutegier geraubt oder gar aus purer Zerstörungslust beschädigt wurde.

 

Bald gingen die wandernden Könige dazu über, die Kleinodien in Königsburgen oder  in Burgen ihres Stammlandes zu verwahren. So können Burgen in den  unterschiedlichsten Gegenden des Reiches sich rühmen, die Reichskleinodien beherbergt zu haben: Die Harzburg bei Goslar z. B., Burg Hammerstein bei Andernach, Burg Hagenau im Elsaß, die Waldburg in Schwaben am Bodensee, die alte Hofburg in München, 

 

 

 

Der alte Hof in München

 

 

 

 

die Kyburg bei Winterthur in der Schweiz.

 

 

Die Kyburg in der Schweiz

 

 

Die längste Zeit befanden sich die Reichsschätze  auf der zu diesem Zweck neu ausgebauten Burg Trifels in der Pfalz, wo heute schön nachgearbeitete Kopien von Krone, Reichskreuz, Zepter und Reichsapfel an diese Zeit erinnern.

 

Annweiler: Trifels

 

Burg Trifels in der Pfalz

 

 

Karl IV. ließ  zur Aufbewahrung der Reichskleinodien sogar eine eigene Burg bauen, die Burg Karlstein bei Prag. 

 

 

 

Burg Karlstein bei Prag

 

 

Außerdem brachte er die Reichsschätze mit dem von ihm verehrten Frankenkaiser Karl  in Verbindung, weswegen die Reichskrone seither, historisch unrichtig, auch Karlskrone genannt wird.

 

Seit dieser Zeit wurden einmal im Jahr, an jedem zweiten Freitag nach Ostern, die Reichskleinodien öffentlich ausgestellt. Auf dem Karlsplatz in Prag wurden sie, wie man damals sagte, dem Volke als "Heiltümer" "gewiesen." Dieses "Fest der heiligen Lanze"  war vom Papst, der sich im Gegensatz zum Anspruch der Reichskrone inzwischen längst als geistliches Oberhaupt des Reiches installiert hatte, eingesetzt worden.

 

Die Heiligkeit des päpstlichen Stuhles  wurde durch das Auftreten des böhmischen Magisters Johannes Hus  erstmalig in Frage gestellt. Die Grenzen aber zwischen Reich und Rom  waren seit langem verwischt worden. König Sigismund stand fest zur römischen Kirche und Hus wurde im Jahre 1415 während des Konzils in Konstanz verbrannt. Sein Feuertod   löste die  Hussitenstürme aus. Die Hussiten, welche das Heil des Reiches ohne päpstliche Einmischung anstrebten, versuchten folgerichtig, sich der Reichskleinodien in der Burg Karlstein zu bemächtigen.  Sigismund jedoch gelang es, den Schatz nach Ungarn zu retten. Ungarn aber war fremdes Land. Es war auf die Dauer kein Ort für "daz riche". Abhilfe tat not.

 

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